Dienstag, 12. März 2013

Anekdoetchen fuer Julia



 Lafaek
Lafaek bedeutet auf Tetun, der offiziellen Landessprache in Timor-Leste-neben portugiesich- “Krokodil” und ist ein viel diskutiertes Thema in diesem Land. Nach einer Legende sind Krokodile die Vorfahren der Menschen und heilig, man sagt sogar Timor-Leste sei von seinem Ursprung her ein Krokodil. Man stelle sich also vor, wir leben auf einem Krokodil!
Es gibt in Timor-Leste Suess- und Salzwasserkrokodile, die von Australien nach Timor-Leste gekommen sind und diese sind in Fluessen und an der Suedkueste im Meer zu finden. In der indonesischen Besatzungszeit wurden Krokodile getoetet um die Bevoelkerung zu schuetzen, das hat mit der Unabhaengigkeit so gut wie aufgehoert durch den Glauben, dass Krokodile heilg sind. Bei einer Diskussion zwischen drei Timoresen, bei de rich dabei stand und gespannt gelauscht habe, vertrat einer der drei allerdings die Ansicht, das waer doch nur bloede ‘mystic,mystic’, abwerfende Handbewegungen, die Meinungen gehen auseinander.
Zu meiner persoenlichen Erfahrung, in nun mittlerweile fast acht Monaten in Timor-Leste habe ich einmal ein Krokodil gesehen und das auch nur, weil mein Kollege Rogerio eins in einem Fluss entdeckt hat, als wir eine Bruecke im Osten der Insel ueberquert haben. Der Versuch das Vieh auf ein Foto zu bekommen war vergeblich, denn jedesmal, wenn ich auf den Ausloeser gedrueckt habe, ist es abgetaucht und irgendwann war ichs dann satt... Dementsprechend kann ich Euch nur diese Erzaehlung, aber kein Foto bietenJ

Geruechte
Wir haben das Glueck und haben ein schoenes, kleines Haeuschen in timoresischer Nachbarschaft gefunden und leben nicht, wie viele “malai” (timoresisches Wort fuer Auslaender, in einem respektvoll zu verstehenden Kontext) in einem Compound, d.h. einer abgeschirmten, kleinen Wohnwelt mit ueberwiegend Auslaendern mit viel Geld als Nachbarn. Das heisst aber auch wir sind anfaellig fuer das Aufkommen von Geruechten. Eines sonntags rief unsere indonesiche Vermieterin Reni etwas aufgeregt an und meinte “Ich war gerade in der Kirche und habe einen Anruf bekommen, dass die Wohnung kurz vorm abbrennen steht, ich komme vorbei”. Um gleich jeglicher Besorgnis vorzubeugen: DIE WOHNUNG STAND NICHT KURZ VORM ABBRENNEN. Nun denn, es stellte sich heraus, dass Renis Schwager, der gegenueber von uns wohnt, gesehen hat, dass wir einen Schaden auf dem Dach haben und hat dann haarscharf geschlossen, dass das hoechst gefaehrlich ist. Nun gut, es hat an einer Ecke in der Wohnung leicht reingeregnet, Reni hat einen Handwerker bestellt, es regnet nicht mehr rein und gebrannt hat es hier noch nie. Geruechte. Wo gibt es sie nicht?

Ema Boot
In Timor-Leste haben viele fuer ihr Land und die Unabhengigkeit gekaempft, sich jahrelang in den Bergen verschanzt und Widerstand gegen indonesiche Besatzer geleistet. Woertlich bedeutet ‘Ema boot’ ‘Grosse Menschen’, damit sind ehrwuerdige Menschen gemeint. Die ehemaligen Gueriallas werden bis zum heutigen Tag als Helden verehrt und viele von ihnen bekleiden nun politische Aemter. Das ist ein zweischneidiges Thema, denn die heutige Realitaet sieht so aus, dass viele in ihren Aemtern eben nicht die Moeglichkeit hatten vorab das fachliche know how dafuer zu erwerben. Gut, man braucht nicht fuer alles vom Fach zu sein, aber wenn, wie zum Beispiel bei unserem staatlichen Projektpartner, der eine Guerilla, der andere Fischer und der naechste Farmer in der Vergangenheit war, ist das vielleicht irgendwo doch heikel. Das beginnt nun auch die nachwachsende Generation, die weit aus bessere Bildungsmoeglichkeiten geniessen kann, zu sehen. Offen bleibt wo es hin geht in Zukunft.

Korruptionsindex
Unser ehemaliger Chef und Kollege hat folgende These aufgestellt: “Der beste Korruptionsindex ist: “Schaue Dir den Verkehr an und beobachte wer welche Autos faehrt.” In Dili sind alte Taxis zu sehen, verschlissene Kleinbusse und jede Menge nagelneue, schicke, auf Hochglanz polierte, dicke Autos. Oft sieht man “malai” hinter dem Steuer, sehr oft aber auch Timoresen. Kleinwagen oder irgendwas dazwischen gibt es kaum.

Niedergang eines kleinen Vereins
Eine Freundin von uns aus Neuseeland ist Ingeneurin und hat sich fuer ein Volunteer/Freiwillgenprogramm in Timor-Leste bei einem Verein in einem Wasserprojekt in einem kleinen Oertchen in der Naehe von Dili beworben und wurde angenommen fuer den Job. Als sie ankam, stellte sich heraus- es gibt ein wunderschoenes Buero, nette Kollegen, aber leider keine Finanzierung fuer die Projekte. Statt also in ihrem Fach zu arbeiten hat sie sich autodidaktisch zum Spezialisten fuer Fundraising gemacht und mit der Hilfe von ihren Kollegen einen dicken Fisch aus den USA an Land gezogen. Die waren sehr begeistert von der Erfahrung des Vereins und den ganzen Projekten, die sie in der Vergangenheit geleitet haben. Leider sind nur, wie wohl ueberall auf der Welt, nach und nach die am besten qualifizierten Mitarbeiter zu groesseren Organisationen gewechselt, die mehr Lohn bezahlen koennen. Nun denn, der Fisch hatte zugesagt, grosse Vorfreude entstand und einige Wochen spaeter nach einer Zusage ueber seeehr viel Geld kam anschliessend ein Besuch aus den USA. Die Realitaet, die sie vorgefunden haben, hatten sie sich wohl etwas anders ausgemalt und die Blase platzte. Das heisst nun leider fuer zwanzig Familienernaehrer-arbeitslos-HARTZ IV gibt es in Timor-Leste nicht. Meine Freundin wohnt nun in Dili und sie arbeitet fuer eine grosse Organisation im Wassersektor. Und die Moral von der Geschicht-Gibt es nicht!

Aktives Anstehen
Was ist aktives Anstehen? Aktives Anstehen ist die Kunst jegliche Vordraenger zu vertreiben, indem man sich an den Ruecken der Person, die vor einem ansteht, klebt. Das ist allerdings weitaus komplizierter, als es sich anhoert. Im Urlaub auf Sumatra, habe ich, unruehmlicherweise, die SIM-Karte meiner Arbeit verloren und da ich am ersten Arbeitstag nicht ohne meine Nummer ankommen wollte, habe ich unseren Freund und Helfer-Timor Telekom- angerufen. “Sie brauchen die gleiche  Nummer nochmal? Kein Problem, kommen Sie einfach vorbei.” Gut, kein Problem. Auf Holgers tiefgreifende Erfahrung in diesem Laden hin, machte ich mich also bereit aktiv anzustehen. Dennoch passierte es, wie kann ich Euch wirklich nicht erklaeren, dass ich ich mich beginnend als letzte in der Schlange mit 15 Leuten vor mir- nach einer halben Stunde mit zwei Leute hinter mir, aber immer noch 15, diesmal zur Haelfte anderen Personen vor mir, widerfand. Als meine Hoffnung schon ziemlich gesunken war, in absehbarer Zeit eine neue SIM-Karte zum bekommen, loeste sich auf einmal die Warteschlange auf und alle stroemten raus. Nach kurzer Hochfreude, dass nun meine grosse Chance kaeme, verstand dann auch ich, dass es einen Stromausfall gab und gar nichts mehr ging im Computersystem. Nachdem ein anderer malai die Mitarbeiter wuest ueber ihr schlechtes System und ihre pure Inkompetenz beschimpft hat, konnte ich dann mein Problem am Schalter erklaeren. Am naechsten Morgen wurde ich dann ganz freundlich zum Schalter gewunken und konnte ohne das Vorzeigen irgendeines Dokumentes meine neue SIM-Karte mit der gleichen Nummer entgegen nehmen. Willkommen in Timor-Leste!

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