Markt
Doch wir bleiben nicht lange in
Dili. Schon am nächsten Tag, Samstag, 31.August,
brechen wir mittags wieder auf. Vormittags zeigen uns Pia und Holger noch den
zentralen Markt von Dili. Hier gibt es alles, was man zum Leben braucht.
Fleisch auf groben Holztischen. Gemüse wieder dekorativ gestapelt oder
aufgefädelt. Betel-Nüsse, die die Frauen kauen. Tabak. Handys.
Spielzeug. Schuhe. T-Shirts. Die Stände drängen sich aneinander. Der Weg
dazwischen ist nicht gepflastert. Immer wieder steht stinkendes Wasser in
Pfützen. Eine dürre, kleine Katze säuft die braune Brühe. Ein kleiner Junge
lässt sich von seinem großen Bruder auf dem Holzkarren schieben, auf dem sonst
die Waren transportiert werden. Ausnahmsweise sind auch ein paar ältere
Menschen zu sehen. Frauen in langen, gewickelten Röcken und mit bunten Blusen,
die die Ellbogen bedecken, denn es gilt in der älteren Generation als unschicklich,
Knie und Ellbogen zu zeigen. Junge Frauen und Mädchen laufen allerdings wie bei
uns in T-Shirt und kurzen Hosen oder Röcken herum. Als Sonnen- und Regenschutz
sind Plastikplanen über die Stände gespannt, immer wieder geflickt. Leute leben
und schlafen zwischen den Waren in ihren Ständen. So muss ein Markt bei uns im
Mittelalter ausgesehen haben.
Dare
Mittags holt uns unser Guide Rio
mit einem Fahrer bei Holger und Pia zu Hause ab. Wieder geht es steil hinauf in
die Berge, diesmal ins Landesinnere, immer höher hinauf. Wir stoppen noch kurz
in Dare, ein Ort oberhalb von Dili, von wo aus man die gesamte Bucht
überblicken kann.
immer mehr Regionen Asiens besetzt
haben, hat Australien beschlossen, sie in Osttimor aufzuhalten, um den Krieg
nicht im eigenen Land führen zu müssen. 300 Soldaten der 22.Kompanie wurden
nach Osttimor geschickt. Die Timoresen haben sie unterstützt und jedem Soldaten
einen Jungen als Träger und Führer an die Seite gestellt, einen Criado. Ein
Film, den man in Dare anschauen kann, beschreibt sehr plastisch, wie sie
zusammen gehungert, gelitten, gekämpft haben, wie Vater-Sohn-ähnliche
Beziehungen entstanden sind. Als die Japaner immer mehr Kräft nach Osttimor
geschickt haben, haben sich die Australier zurückgezogen. Die Japaner haben
grausam Rache genommen an den Criados und ihren Familien und Dörfern. Während
des zweiten Weltkriegs wurden schätzungsweise zwischen 40.000 und 70.000
Timoresen getötet.
Weiter geht’s mit dem unglaublich
flott über Schlaglöcher, Passstraßen und Serpentinen bretternden Fahrer nach
Maubisse, dann immer höher und höher, vorbei an runden, schilfgedeckten Häusern
und schließlich Steinhäusern. Hier oben ist es viel kälter als an den Küsten.
Die Kinder sind eingewickelt in Wolldecken; ihre Füße steckten trotzdem in
Flipflops. Sogar Leopold fällt auf, dass die meisten verschnupft sind.
Die letzten Kilometer zum Dorf unterhalb des
Mount Ramelau sind wieder wie ein schlechter Wanderweg, diesmal immer entlang
am Abgrund. Gut, dass es fast dunkel ist und wir nicht so genau sehen, wo es
lang geht.
Angekommen im Guesthouse, das wie
ein leerer Wartesaal aussieht, ziehen wir alle Klamotten übereinandern und
frieren trotzdem. Auch hier kann man die Fenster nicht schließen, obwohl wie
schätzungsweise in 2.500 Metern Höhe sind. Wir frieren auch nachts unter drei
Decken und noch viel mehr morgens um halb vier beim Aufstieg auf den Mount
Ramelau. Zuerst sind da gemauerte Stufen, denn kurz vor dem Gipfel gibt es
einen Platz für katholische Andachten. Nach den Stufen beleuchten unsere
Taschenlampen ausgetretene, schmale Wanderwege. Wir sind den Sternen ganz nah.
Die Mondsichel liegt wie eine Schale am Himmel. Weil wir so flott sind,
entfachen die Guides unterhalb des Gipfels ein Feuer und wir warten auf den
Sonnenaufgang, siehe oben, am Anfang des Textes.
Beim Abstieg vom Dreitausender
entdecke ich Blumen, die aussehen wie Edelweiß und Margeriten. Erschöpft und
glücklich kommen wir beim Guesthouse an und essen Suppe zum Frühstück. Benedict
fischt ein Plastikpäckchen für Würzmischung aus der Suppe. Wir essen sie
trotzdem, denn wie immer gibt’s nichts anderes und wir sind alle hungrig. Auf
der Rückfahrt hat Pia Bauchweh und fast allen ist schlecht. Trotzdem gibt es
auch diesmal wieder faszinierendes zu entdecken: Pferde sind hier die
wichtigsten Transportmittel. Uns begegnen viele Menschen, die Ponys führen, die
mit Säcken beladen sind oder auf denen auch mal ein Kind sitzen darf, das nicht
mehr gehen kann.
Vor dem Markt in Maubisse sind
viele Pferde angebunden. Ein Parkplatz nicht für Autos, sondern für Pferde. So
etwas hab ich noch nie gesehen. Wohlbehalten erreichen wir am Abend Dili.
Nach einer Geburtstagsgratulation
für Gabi via Skype erleben wir noch etwas Aufregendes. Während des Abendessens
beim Inder wackelt plötzlich die Erde. Die Flaschen im Kühlschrank neben uns
klappern. Wir können erst nicht so recht einordnen, was passiert. Auf Wikipedia
ist über dieses Erdbeben zu lesen: „Das letzte stärkere Beben in der Region am
1. September 2013 hatte sein Epizentrum 318 km von Dili entfernt und eine
Stärke von 6,5M. Es kam aber zu keinen Schäden.“ Glück gehabt.
Am
Montag, 2.September 2013, müssen Pia und
Holger arbeiten und wir gehen mit einem Tauchlehrer schnorcheln unterhalb von
Christo Rei. Der Tauchlehrer ist Deutscher, freut sich, mit uns Deutsch reden
zu können. Sogar hier, nur ein paar Kilometer vom Stadtzentrum von Dili
entfernt, ist das Meer voll bunter Fische und Korallen. Unglaublich. Benedict
schnorchelt länger als wir anderen und sieht sogar eine Schildkröte
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